"Behind the Dunes" - ungewöhnliches aber spannendes und mitreißendes Konzert in der Norder 147 Flensburg

"Behind the Dunes" – ein ungewöhniches aber spannendes und mitreißendes Konzert in der Norder 147
Was noch vor Beginn des Konzerts auffiel war das ungewöhnliche aber passende Setting.
Der Raum ist eine Art Kunstaktionsraum, in dem normalerweise Kunstkurse abgehalten werden, der aber auch für alle möglichen Events zur Verfügung steht. Die Wände sind gekennzeichnet von rauem Putz über Ziegelsteinen, die Atmosphäre wirkt etwas improvisiert. Ebenso improvisiert erscheint auf den ersten Blick die Verteilung der Musiker im Raum: Klavier und Elektronik sind unten vor der Bühne platziert, der Bassist sitzt gemütlich im Sessel auf Bühne, daneben das Schlagzeug. Das Flair der Bühne hat etwas von einem nostalgischen Wohnzimmer mit Ofen, Gemälde in goldenem Rahmen, Kronleuchter, Stehlampen usw.
Das Konzept der Band
ist es, akustische Musik elektronisch live und improvisiert zu
verändern. Sebastian Gimm alias "Sheba" hatte dazu eine ganze
Sammlung altertümlich wirkender Geräte mit diversen Kabeln,
Drehreglern, Schiebereglern usw. mitgebracht.
Improvisation und
Offenheit für Unerwartetes war kennzeichnend für das gesamte
Konzert. Da überrascht es nicht, dass auch der Schlagzeuger vom
Entschluss seiner Mitstreiter überrascht wurde, ein Stück nicht
dort, wo es sich angeboten hätte, zu beenden, sondern fortzuführen.
Er nutzte die Gelegenheit, noch einmal seine "Besen"
herauszuholen und dem Schlagzeug weitere Nuancen zu entlocken.
So gesehen war der Ort mit seiner ungewöhnlichen Bühne und seiner speziellen Atmosphäre perfekt dazu geeignet, das Konzept der Musiker zu unterstreichen.
Auf die Aussage,
dass die Musik spannend sei, entgegnete Nick Nordmann in der Pause
dann auch, "Ja, auch für uns.", denn wie das ganze klingt,
hatten die vier vorher noch nicht wirklich ausprobiert. Besonders die
Veränderungen, die die Elektronik am Klang des Trios erzeugte, war
dann auch entsprechend überraschend. "Shiba" erzeugte mal
knarzend-knisternden Analogklang, der an die alte Schallplatte als
Tonträger erinnerte, mal pfeifende Töne, die in der Frequenz
verändert wurden und manchmal einen Sound, der an die Geräusche
erinnerte, die in historischen Science-Fiction Filmen verwendet
wurden, um die Fortbewegung der Raumschiffe akustisch zu untermalen.
Die Idee klingt theoretisch betrachtet eher nach Störgeräusch, aber
so eingesetzt wie hier kann die elektronische Verfremdung als
wirklicher Mehrwert und Kern des Konzertkonzepts gesehen werden,
zumal sie improvisativ eingesetzt wurde.
Aber auch ohne die
"special effects" wäre es ein äußerst hörenswertes Konzert
gewesen. Eric Andresen am elektrischen Bass lieferte ein Intro, das
einer ECM-Produktion gerecht werden könnte und spielte während des
Konzerts seine Läufe und Soli kreativ und verlässlich. Leander
Seekings an den Drums zeigte, dass er sich auch professionell im
Studium mit dem Instrument befasst, die Rhythmik war weit mehr als
Fundament oder Begleitung sondern sehr komplex und vielseitig.
Nick
Nordmann an den Tasten zeichnet als "Songwriter" verantwortlich
für viele der Stücke. Er meisterte das alte verstimmte Instrument
(ein Wurlitzer) souverän, verlieh den Stücken sowohl rhythmisch als
auch melodisch ihren Grundcharakter. Wie im Jazz üblich gab es für
alle beteiligten Musiker genug Raum, ihr Instrument durch Soli in den
Vordergrund zu stellen. Die Titel waren so einfallsreich wie die
Musik. Ein Beispiel: "Hast du schon einmal im Zelt gelegen, als es
zu regnen anfing?
Es war ein Stück, das anders als alle anderen nicht von "Behind the Dunes" geschrieben wurde, das sich dazu eignet, das Konzept der Gruppe "in a nutshell" auf den Punkt zu bringen. Das letzte Drittel ihres Konzerts leiteten die vier mit ihrer Version von "Children" (Robert Miles) ein. Wer sich einen ungefähren Eindruck vom Sound des Abends verschaffen möchte, dem seien die ersten zwei Minuten und zwanzig Sekunden des Songs "Children" in der Dream Version empfohlen.
Es war ein überraschender, äußerst kurzweiliger und unterhaltsamer Abend und auch wenn zwei der Musiker inzwischen zum Studium ins Ausland gezogen sind, war er doch dazu geeignet, zu demonstrieren, dass Flensburg keine verschlafene Kleinstadt am Rand der Republik ist, sondern ein Ort, der lebendig und kreativ ist, was sich auch in der Musikszene widerspiegelt, mit Venues, die jeder Großstadt gerecht werden.