Das SHMF holt das Ensemble Jupiter nach Husum

Ich bin wieder einmal vollkommen begeistert von Musik: Das SHMF holte das Ensemble Jupiter nach Husum.
Zu hören, nein, zu feiern war ein Abend mit Werken von Vivaldi, in der Marienkirche am Markt, die nicht nur akustisch, sondern auch optisch einen passenden Rahmen für das Konzert darstellte. Der Raum der klassizistisch gestalteten Marienkirche in Husum bot eine Akustik, die die historischen Instrumente der sechs Instrumentalisten und der Mezzosopranistin schillern und strahlen ließ. Dieses Konzert war während seiner gesamten Dauer so spannend, dass es schwerfällt, Höhepunkte zu identifizieren.
Überwältigend und mitreißend war durchgehend (wo eingesetzt) der Gesang Desandres. Sie beherrscht die ganze Bandbreite ihrer Stimmlage derart perfekt, dass man ungläubig staunte ob der Effekte, die sie erzeugte. Da waren Gänsehautmomente, wenn die Stimme immer zarter wurde um schließlich im Klang des Instrumentalensembles zu "versiegen". Es gab aber auch stürmisch- kraftvolle Momente, in denen Lea Desandre die Töne geradezu wütend "herausschrie", nie ohne dabei die von Vivaldi vorgesehenen Finessen zu vergessen.
Der Ablauf des Konzert war so konzipiert, dass neben dem Soprangesang die meisten Instrumente Momente erhielten, während derer sie im Fokus standen. So gab es zwei Lautenkonzerte, in denen Thomas Dunford, der Leiter und Gründer des Ensembles zeigte, dass die Laute weit mehr ist als eine veraltete Gitarre. Er spielte eine Erzlaute, die dem Gesamtklang einen sonoren, tiefen aber dennoch luftig-leichten Sound beisteuerte und so ein Wenig darüber hinwegtröstete, dass in diesem Konzert kein Fagott eingesetzt wurde, das auf der CD-Einspielung des Projekts klanglich eine tragende Rolle spielt. Ebenfalls überwältigend die Geschwindigkeit und Wucht, mit der Bruno Philippe das Allegro im ersten Satz des Cellokonzerts zelebrierte. Aber es würde diesem Konzert nicht gerecht werden, nur die stürmischen Momente zu beschreiben. Neben der bereits erwähnten Empfindsamkeit des Gesangs Desandres beispielsweise im "Cum Dederit" der Psalmvertonung "Nisi Dominus" spielten Magdalena Sypniewski und Ruiqi Ren ihre Violinen souverän und abwechslungsreich. Neben dem "klassischen" Violinenklang säuselten und zwitscherten sie und trugen so viel zu den lautmalerischen Effekten der Musik bei.
Schön war es, den Teamspirit des Ensembles zu erleben. Leiter ist zwar der Lautenist Thomas Dunford, jedoch stand er nicht im Mittelpunkt des Geschehens, weder klanglich noch als Persönlichkeit. Es war, wie erwähnt ein besonderes Konzert, nicht nur wegen des seit 15 Jahren nicht mehr vom SHMF bespielten Klangraums der Husumer Marienkirche, sondern auch, weil auf der Bühne nur Musikerpersönlichkeiten standen, die sich trotz ihrer Virtuosität (man könnte Jupiter als "Virtuosenensemble" bezeichnen) durchweg auf sympathische Weise zurückhaltend wirkten (nicht in der Musik). So gab es einen Moment, der viel aussagt über das Selbstverständnis der Akteure: Thomas Dunford "schob" Lea Desandre nach einem Stück, zu dem sie ihren Gesang beisteuerte, vom Rand der Bühne weiter ins Zentrum, damit sie sich den ihr gebührenden Applaus abholen konnte und nicht optisch verschwand.
Auch am Tag nach dem Konzert bin ich noch immer benommen von diesem besonderen Konzert. Herzlichen Dank an die Aktiven und dem SHMF für einen unvergesslichen Konzertabend.