Gabriel Koeppen und Christian Spevak im Orpheus Theater Flensburg - ein etwas anderes Weihnachtskonzert

17.12.2022

Es gibt Konzerte, die begeistern, es gibt Konzerte, die die Zuhörer in einer kontemplativen Stimmung zurücklassen und dann gibt es noch die Konzerte, die einem nach "mehr davon" verlangen lassen. Ein solches konnten Flensburger mit einem Gespür für gute Musik gestern im Orpheus Theater erleben. Gabriel Koeppen (meist Cello und vocals)) und Christian Spevak (meist an den Tasten und backing vocals) präsentierten ihre "Jazzy Christmas". Das ist an sich keine neue Idee, verjazzte Weihnachtstraditionals füllen meterweise CD Regale. Was die beiden aber präsentierten, war etwas anders, frischer, innovativer und auch frecher als die üblichen Versuche des Genretransfers. Koeppen zeigte die ganze Bandbreite des Cellos, von klassisch gestrichenen Legati über die Verwandlung des Instruments in einen Jazz-Kontrabass bis hin zu Klängen, die einer e-Gitarre glichen, eingesetzt und variiert je nach musikalischem Kontext. Dazu steuerte er regelmäßig Gesang bei, von souverän über lässig bis geradezu albern (aber nie zu sehr). Spevak garnierte die Songs mit einfallsreichen Harmonien und spannenden Soli an den Tasten. Es überrascht nicht, dass beide ihre Stamminstrumente zur Seite legten und mit weiteren (Tambourin und diverse Flöten) das ohnehin große Klangspektrum erweiterten.Die bekannten Weihnachtslieder wurden einfallsreich in alle möglichen Musiksparten transportiert, von denen einige Bezeichnungen auf mich erfunden wirkten (etwa ein "Marching Gospel Rock", wenn ich mich richtig erinnere). So phantasiereich wie dieser Spartenname war auch die Durchführung der Musik. Es klangen Elemente aus Renaissance, Barock, Folk, Jazz und, ja, tatsächlich auch Rock durch. Auf die Frage "Erkennt ihr das Lied schon?" konnte ich oft genug nur mit einem ehrlichen "nein!" antworten. Zu groß war die Phantasie der Musiker.Das Publikum erwies sich auch in Phasen ohne gesangliche Begleitung als erstaunlich textfest und spätestens nach der Pause wurde die Performance um einen Publikumschor erweitert. Auch der Humor wurde immer stärker, man spürte regelrecht, wie sehr die beiden Musiker auf der Bühne sich vom Publikum inspirieren oder sogar pushen ließen. Die Chemie stimmte einfach, und zwar sowohl zwischen Koeppen und Spevak, als auch zwischen Bühne und Zuhörern. Man kann nur ahnen, wie viel Freude die beiden beim Erarbeiten dieses Konzerts gehabt haben müssen. Es war ein Konzert, das nur Gewinner hinterließ, das Orpheus Theater hatte in volles Haus, die Musiker Spaß auf der Bühne und das Publikum verabschiedete sich in der Erwartung, im nächsten Jahr erneut mit solch einem Konzert kurz vor Weihnachten beschenkt zu werden. Eigentlich aber möchte man nicht ein ganzes Jahr lang warten, man möchte möglichst bald mehr davon.
Carsten Ingwersen