JE Gardiner präsentier H-Moll Messe mit seinen Ensembles in der Elbphilharmonie

An J.S. Bach kommt kein Musiker vorbei, zu universell, (immer noch) aktuell und umfangreich sind seine Ideen. Auch an Sir John Eliot Gardiner ist für Liebhaber der Musik Bachs kein Vorbeikommen. Von der h-Moll Messe hat er sogar im Abstand mehrerer Jahrzehnte zwei Einspielungen vorgelegt, die Referenzstatus genießen und vielen Musikschaffenden als Orientierung dienten. Gardiner ist in Sachen Bach nicht erst seit seiner Zeit als Präsident des Leipziger Bacharchivs oder der Veröffentlichung seiner Bachbiographie die unangefochtene Bachautorität. Anlässlich seines 80. Geburtstages am 20. April ist er nun mit seinen Klangkörpern "English Baroque Soloists" und dem Monteverdi Choir auf Tour und gab gestern ein umjubeltes Konzert in der Elbphilharmonie in Hamburg. Die Besetzung des Chors ist interessant, die Altgruppe ist zur Hälfte mit Männern besetzt. Hier ist ein Dirigent am Werk, der absolut weiß, wie er welche klanglichen Effekte hinbekommt. Gardiner ist berüchtigt für seine Tempi, er treibt seine Musikerinnen gerne mit atemberaubender Geschwindigkeit durch die Koloraturen. Besonders effektvoll wird dies, wenn in attacca-Manier übergangslos der Charakter der Musik wechselt. Im "Gloria" schickt Gardiner den Chor jubelnd-jauchzend in die Höhe, nur um danach im "et in terra pax" äußert kontemplativ zu klingen. Ähnlich die Stimmungswechsel zwischen der Bekennung zur Taufe, dann Vollbremsung zur Bitte um Vergebung der Sünden, abrupt wird aus ff. ppp., der Gesang wirkt geradezu sphärisch. Es folgt, natürlich wieder absolut nahtlos der Jubel über die Auferstehung und das Leben nach dem Tod.Natürlich, das sind Bachs Ideen, nicht Gardiners, aber Gardiner formt aus, betont, macht Bachs Tonsprache deutlich wie es neben ihm nur wenige können. Chor und Orchester folgen kongenial durch das gesamte opulente Werk, man fragt sich manchmal, wann die Musikerinnen Zeit zum Atmen finden. Das bedeutet aber nicht, dass die Präsentation in irgendeiner Weise gehetzt wirkt, so wie die Messe erklingt wirkt sie stimmig und passend. Ausnahmslos alle, Solistinnen wie Orchestermusiker und Sängerinnen des Chors musizieren mit absoluter Hingabe und das ist beispielsweise in der die Messe abschließenden Bitte um Frieden so eindringlich, dass man meinen möchte, die Bitte, so vorgetragen, muss doch einfach erhört werden, Schade nur, dass sich die Begeisterung der Zuhörerschaft attacca, ohne die dem Werk folgende Stille wenigstens ein paar Sekunden lang Wirkung entfalten zu lassen in Standig Ovation ihre Bahn brach. Bedarf es noch einer Charakterisierung dieser Performance, so findet man sie im Titel von Gardiners Bachbiographie: "Music in the Castle of Heaven".