Tingvall Trio begeistert bei Flensburger Hofkultur auch Nicht-Jazzfans
Martin Tingvall spielte gestern mit seinen musikalischen Freunden Omar Rodriguez Calvo aus Kuba (b) und Jürgen Spiegel aus Deutschland (dr) ein höhrenswertes Konzert im Rahmen der Flensburger Hofkultur. Der Vertreter der dänischen Zentralbibliothek, in deren Hof das Festival gestern zu Gast war, erklärte das Trio in seiner kurzen Ansprache kurzerhand zu einer dänischen Band, was zwar nicht wirklich zutrifft, aber auch nicht vollkommen weit von der Realität entfernt ist, denn später erzählte Martin Tingvall, dass er aus Schonen komme und sein Schwedisch deshalb meist nicht verstanden wird. Für mich war es der dritte Anlauf, bereits zwei Mal hatte ich Karten für ein Solokonzert von Martin Tinvall, aber mir fehlte die Gelegenheit, die Konzerte zu hören.
Das erste Set des Konzerts bestritten die drei mit Material ihres aktuellen Albums "Dance", das von den verschiedenen charakteristischen Rhythmen der regionalen Tanzmusik in unterschiedlichen Regionen der Welt inspiriert ist. Das ist eine konsequente Weiterentwicklung der Musik des Trios, denn eigentlich spielt Tingvall das Piano meist wie ein Rhythmusinstrument, sehr perkussiv. Die drei Musiker haben einen Stil entwickelt, der es ihnen ermöglicht, von lyrisch-klaren über pulsierende bis hin zu explosiven Rhythmen ein großes Spektrum abzudecken. Tingvall beherrscht sowohl die leisen, zarten Töne, als auch den machtvollen, bombastischen Klang. Im Stück "Arabic Slow Dance" lässt Calvo den Bogen über die Saiten hüpfen, was einen kratzenden Klang erzeugt, der dem Stück eine markante Note verleiht. Bei "Bumerang" bebt die Bühne derat, dass Tingvall mit einem Augenzwinkern meint das Trio müsse nun einen Gang zurückschalten, um die Bretter nicht zum Bersten zu bringen. Insgesamt aber scheinen die drei die erste Konzerthälfte zu brauchen, um sich warm zu spielen. Sie riskieren wenig, Improvisation, Soli fallen kaum auf. Ganz anders dann das zweite Set. Das Trio ist wie ausgetauscht, Tingvall kündigt früh an, dass das Trio nun etwas freier spielen würde. Und er verspricht nicht zu viel. Nun gibt es ein mitreißendes Zusammenspiel zu hören, die drei scheinen sich gegenseitig mit ihren musikalischen Ideen zu überraschen und zu weiteren Ideen zu inspirieren. Es sind nun in der Mehrzahl Stücke von früheren Alben, die zu Gehör gebracht und gehörig variiert werden. So geht gute (Jazz-) Musik. Das Publikum verlässt den Hof nach Standing Ovation vollständig begeistert. Die Bemerkungen Tingvalls und seines Labelchefs lassen hoffen, dass das Flensburger Publikum nicht wieder 20 Jahre (Das Tingvall Trio feiert im kommenden Jahr sein Bandjubiläum) auf das nächste Konzert warten muss. "Ganz nebenbei" hat die Flensburger Hofkultur bewiesen, dass sie auch nach dem Wechsel an ihrer Spitze ein Spitzenfestival ist, das auch von Musikern gerne bespielt wird. Ich freue mich auf mehr spannende Konzerte in der Zukunft, dann aber in einem größeren Hof.
Carsten Ingwersen