Weihnachtsmusik, die gleichzeitig besinnlich ist und begeistert - das SHMF/Jazz Baltica bringt "Christmas with my friends" nach Flensburg

Weihnachtsmusik, die gleichzeitig besinnlich ist und begeistert - das SHMF /Jazz Baltica bringt Christmas With My Friends in Flensburg auf die BühneNils Landgren und seine Freunde touren seit nunmehr 16 Jahren verlässlich alle zwei Jahre mit Weihnachtsmusik durch die Lande. Gestern machten sie in Flensburg Halt. Das Konzept steht für Vielfalt, sowohl in der Auswahl des Materials, als auch durch die sieben Musikerinnen und Musiker auf der Bühne. Da ist die soulige Stimme von Ida Sand, die mit ihrer Interpretation des Mitchell-Klassikers "River" einen der Höhepunkte beisteuerte. Sharon Dyall vertrat die amerikanische Note, Jessica Pilnäs präsentierte mit Herzblut die "Pop-Perlen" (aber nicht nur) und Jeanette Köhn sang das klassisch bzw. kirchenmusikalisch ausgerichtete Material äußerst souverän und stimmlich perfekt ausgebildet. Köhn beginnt "In Dulce Jubilo" quasi a capella, ihre Stimme kann so ihre ganze Qualität unter Beweis stellen bis Jonas Norberg mit seiner Gitarre den neuen Rhythmus anschlägt und damit Charakter des Lieds auf "Jazz" umschaltet. Es ist einer der Momente, die zeigen, wie konstruktiv-kreativ die Freunde mit bekanntem Material der Weihnachtsmusik umgehen. Bei "Lully Lulla Lullay" wünschte man sich, Köhn hätte die Chance erhalten, mit ihrer Stimme in all ihrer Schönheit natürlich und ohne Verstärkung den Saal auszuschallen. Aber auch so geriet das Lied zu meinem persönlichen Höhepunkt eines an Glanzlichtern nicht sparenden Konzertabends. Es fehlte auch "O Tannenbaum" nicht, verpackt als Marching-Band bzw. Dixieland Song. So lässt er sich aushalten. Wie aus anderen Jahren dieses Konzertformats gewohnt, wurden nicht nur Weihnachtslieder gespielt und gesungen. Nils Landgren singt beispielsweise "Imagine", dessen Friedensbotschaft er nicht in einer Ansage hervorhebt, sondern die Aussage einzig dem Lied überlässt. Jessica Pilnäs präsentiert das Lied ihres "Weihnachtswunschzettels einer Erwachsenen", das den Wunsch nach Frieden in der Welt emotional eindrucksvoll zu Gehör bringt. Dies ist zwar ebenfalls kein Weihnachtslied, aber wie "Imagine" Kern der Botschaft des Fests. Besonders schön gerieten die Phasen, in denen die Liedmelodie im Sopran gesungen wurde und Landgren an der roten Posaune sowie Knutsson am Saxophon die tiefen Lagen übernahmen und dreistimmig musiziert wurde. Eine Überraschung: Der Neue im Team, Clas Lassbo am Bass. Lassbo lieferte sowohl die instrumentenüblichen, zurückhaltenden Akzente im Hintergrund als auch fantastische solistische Passagen mit wilden Läufen. Ebenso wie das Konzept der musikalischen Freunde darauf ausgelegt ist, bekannten Liedern neue Aspekte abzugewinnen, werden an bekannten Instrumenten des Jazzkontext neue Seiten beleuchtet. So beweist Jonas Knutsson mit der Bariton-, Tenor- und Sopranvariante seines Instruments, dass man am Saxophon fantastisch improvisieren kann, ohne sich laut in den Vordergrund zu spielen. Gegen Ende des Konzerts entlockte Landgren, der während des gesamten Konzerts niemals mehr Aufmerksamkeit als seine Freunde an sich gebunden hatte, seiner Posaune die schnarrend-schrammeligen Hupen-klänge, die viel seiner Kreativität und seines Humors auf den Punkt bringen. Das gesamte Konzert war von feierlicher Zurückhaltung geprägt, nicht nur instrumental-musikalisch, sondern auch menschlich. Mehrfach motivierte Nils Landgren seine Freunde, nach einem Solo an den Bühnenrand zu treten, um sich ihren Applaus abzuholen, was sie ohne diese Einladung nicht getan hätten. Das ist nicht als Kritik zu verstehen, sondern ehrlich positiv gemeint und wird dem Anlass Weihnachten gerecht. Hier standen wirklich sympathische Musikerinnen und Musiker auf der Bühne, die man in der Tat gerne zu seinen Freunden zählen würde.