Zwei Kantaten von Johann Sebsatian Bach als Kammermusik im Glücksburger Schloss, ein sehr persönlicher Konzertbericht
Am vergangenen Sonntag, den 25. September gab es im wunderschönen Schloss Glücksburg zwei weltliche Kantaten von Johann Sebastan Bach zu hören. Es musizerten Marcus Honegger und Thorsten Mahnkopf (Violine), Konstantin Neumann (Viola), Cem Aktalay (Fagott), Steffi Schrödl (Flöte) sowie Thibauld Le Pogam (Horn). Die Besetzung war anders, kleiner als in den mir bekannten Aufnahmen etwa mit Ton Koopman und dem Amsterdam Baroque Orchester. Die Bassgruppe bestand aus Cem Aktalay am Fagott und natürlich dem basso continuo, gespielt von Matthias Janz. Ich persönlich habe kaum jemals so viele Noten vom Fagott gespielt gehört. Vermutlich war diese Besetzung aus der Not heraus entstanden, ursprünglich war der Einsatz eines Cellos geplant. Cem Aktalay meisterte seine anspruchsvolle Aufgabe aber nicht nur souverän sondern mit viel Elan und mitreißender Spielfreude. Auch die Gasangssolisten hatten sichtlich Freude an ihrem Auftritt und garnierten ihn mit viel theatralischer Mimik und Gestik, so dass man fast schon von Schauspiel sprechen kann. David Csizmar (Bass) als "Herr Schlendrian" und Magdalene Harer (Sopran) als "Lieschen" waren sowohl stimmlich als auch schauspielerisch mit ihren Rollen verwachsen und wirkten absolut authentisch.Nach der Pause mit Kaffe und Kuchen gab Matthias Janz eine Werkeinführung zur Bauernkantate, da, wie Janz darlegte, vieles in diesem Werk sprachlich spezifisch sächsisch ist und vom norddeutschen Publikum ohne Erläuterung nur schwer oder gar nicht verstanden werden kann. Hinzu kamen Hintergrundinformationen zum Humor, der die Bauernkantate prägt, und natürlich ein paar Fakten zur Entstehungsgeschichte, die eng mit dem Rittergut Kleinzschocher bei Leipzig verbunden ist. Danach betraten Magdalena Harer und David Csizmar durch eine Tür den Saal, kostümiert in bayerisch wirkenden burlesken Kostümen, was die szenische Darstellung noch unterstrich. Zu einem Höhepunkt geriet, nicht zuletzt durch das brilliante Spiel von Steffi Schrödl an der Traversflöte, die Menuett-Arie "Kleinzschocher". Durch die Konzeption, einen Querschnitt durch europäische Tänze als Grundgerüst zu verwenden, wirkte die Kantate wie ein modernes "Best of-"-Album, das man wie Popmusik hören will. Das Publikum wurde nach Ende der Bauernkantate noch mit dem die Kaffeekantate abschließende Terzett als Zugabe beschenkt. Es waren zwei äußerst unterhaltsame, kurzweilige Kantaten und wer die Werke noch nicht kannte, war erstaunt darüber, wie viel Witz in den weltlichen Werken Bachs steckt. Ein schlauer Mensch (ich glaube, es war Klaus Mertens), sagte einmal, dass, wer wissen möchte, wie Bach geklungen hätte, wenn er Opern geschrieben hätte, in diesen Kantaten einen Anhaltspunkt findet. Recht hat er, es war zwar eine Präsentation, die sich instrumentell auf eine Minimalbesetzung beschränkte, die Wirkung aber war optimal und wirft die Frage auf, ob weniger nicht manchmal wirklich mehr ist. Ich persönlich habe viele Jahre auf die Gelegenheit gewartet, diese beiden Kantaten einmal "live" zu hören und bin Veranstaltern und Ausführenden sehr dankbar für die Erfüllung meines lange gehegten Konzertwunsches direkt in meiner Heimatregion.
Carsten Ingwersen